Die erste Anfeindung

Auch wenn sich der Gasthof im unteren Bereich des Ortes befindet, so sind die Zusammenkünfte der Freimaurer offensichtlich von den Einwohnern und Bürgern nicht unbemerkt geblieben und es folgte eine Anzeige beim zuständigen Gericht in Lichtenstein, welches sofort Nachforschungen und Ermittlungen anstellte. 

So erhielt der Gasthofbesitzer Falke Ende November 1799 folgendes Schreiben: 

„Hochwohledler, Hochgeehrtester Herr ! 

Beim Amte allhier hat man in Erfahrung gebracht, daß dieselben in Ihrem unter der hießigen Amtsgerichtsbarkeit zu Oberlungwitz besitzendem Gasthofe einer gewissen Gesellschaft auswärtiger Personen, seit Johannis l. J. an, zu mehreren mahlen schon, heimliche Zusammenkünfte und bei verschlossenen Thüren gehaltene Beratschlagungen gestattet haben. 

Wenn solches nun ohne Vorwissen und Erlaubnis des hiesigen Amtes geschehen ist, ich daher dieses Unternehmen, ohne mich selbst besorglicher Verantwortung auszusetzen, ungeahndet nicht übersehen kann; als wird Denselben hierdurch angedeutet, nicht nur binnen 8 Tagen, wie Sie sich die bisherige mit verbotener Eigenmacht verbundene Gestattung sothaner Zusammenkünfte und Berathschlagungen zu verantworten getrauen, anher zum Acten anzuzeigen, sondern inzwischen und bis auf weitere Verordnung der ferneren Gestattung der bemerkten Zusammenkünfte in Ihrem Gasthofe bei Vermeidung unausbleibender nachdrücklicher Ahndung gänzlich zu enthalten 

Amt Lichtenstein, den 25. November 1799 

Reichsfürstlich Schönburg, bestallter Rath und Amtmann, und meines hochgeehrtesten Herrn dienstwilligster Johann Georg Thomas Vogel“ (2) 

Quelle: Festschrift zur hundertjährigen Jubel-Feier der g.u.v. St. Johannis-Loge „Zur Harmonie“ im Or. Chemnitz am 11. Mai 1899 

Gastwirt Falke übergab dieses Schreiben nun an Landgraff, welcher auch gleich eine entsprechende Antwort formulierte. Diese stellt sich wie folgt dar: „… 

Antwort von Chr. F. Falke 

als Besitzer des Gasthofes zu Lungwitz 

an´s Amt Lichtenstein 

Von Hohenstein, den 12. December datiert 

Es ist mir von einer angeschuldigten Gestattung geheimlicher Zusammenkünfte und Berathschlagungen in meinem zu Lungwitz besitzendem Gasthoff nicht das Geringste bewußt, denn ich habe Niemand den Aufenthalt darinnen gestattet, der nur im Mindesten verdächtig wäre. Daß aber dahin die Versammlungen in denselben der gesetzmäßigen constituierten Freimaurer-Loge „Zur Harmonie“ nicht zu rechnen sei, bin ich um so gewisser überzeugt, da mir 

kein höchstes Landesgesetz bekannt ist, in welchem dergleichen Versammlungenverboten wären, ich auch weiß, das Se. Hochfürstl. Durchlaucht Freimaurer sind und überdies denen in meinem Gasthoff gehaltenen Versammlungen Männer in öffentlichen Aemtern und von anerkannter Redlichkeit beiwohnten, dahero mir mein Logis dazu zu überlassen, in keinem Fall auffallen konnte. Die mir überschickte Verordnung werde ich der Gesellschaft bekannt machen und übrigens mit der ausgezeichneten Hochachtung beharre. …“

Quelle: Festschrift zur hundertjährigen Jubel-Feier der g.u.v. St. Johannis-Loge „Zur Harmonie“ im Or. Chemnitz am 11. Mai 1899 

Es folgten noch mehrere Eingaben und Schreiben des Herrn Landgraff und höheren Logen-Beamten in denen man entsprechendes Unverständnis über die Vorwürfe äußerte. Ganz besonders wird dazu in benannter Festschrift folgender Satz des Meisters vom Stuhl hervorgehoben: 

„Ich versichere Sie heilig, dass ich ohnedem alle Anstalten treffe, die Logenversammlungen hier wegzubringen, welches mir gewiß weniger gelingen wird, wenn immer sie mit Gewalt wegzuschaffen gebothen werden sollte“

Quelle: Festschrift zur hundertjährigen Jubel-Feier der g.u.v. St. Johannis-Loge „Zur Harmonie“ im Or. Chemnitz am 11. Mai 1899 

Selbstverständlich zeigten die Freimauerer dem Amt in Lichtenstein auch die Tage ihrer Zusammenkünfte zukünftig ordentlich an. 

Am 24. Dezember 1799 war die Angelegenheit vorläufig beendet worden. Amtmann Vogel teilte mit:

„… Ihre Sache ruht, und Sie können deshalb auch beruhigt sein.“ (2) 

Quelle: Festschrift zur hundertjährigen Jubel-Feier der g.u.v. St. Johannis-Loge „Zur Harmonie“ im Or. Chemnitz am 11. Mai 1899 

Ganz war diese Angelegenheit jedoch noch nicht erledigt, denn kurz nachdem Fürst Otto Carl Friedrich von Schönburg Waldenburg am 29. Januar 1800 verstorben war wurde diese von einem Glauchauer Regierungsbeamten noch einmal aufgerollt und zur Entscheidung an die kurfürstliche Landesregierung übergeben. 

Der Amtsschimmel schien damals ein wenig träge gewesen zu sein, denn erst ein gutes Jahr später wurden die örtlichen Institutionen um eine Stellungnahme gebeten. 

Amtmann Vogel gelangte zur Erkenntnis, dass es in seinem Zuständigkeitsbereich keine geheimen Verbindungen gibt, die gegen Recht und Gesetz verstoßen. Von Oberlungwitz berichtete er, dass es bei den Treffen der Freimaurer sehr ruhig und gesittet zugeht und dass diese „bei ihren Vergnügungen“ auch die notleidenden Mitmenschen nicht vergessen und sich ihnen gegenüber sehr mildtätig zeigten. 

Damit waren die Vorwürfe und Unterstellungen nun endgültig ausgeräumt. 

Wie der Quelle entnehmen ist, haben die Logen-Brüder von 1799 bis 1802 rund 138 Thaler für ihre Armenkasse gesammelt und im Laufe dieses Zeitraums auch fast vollständig für wohltätige Zwecke wieder ausgegeben. 

Trotz der vorangegangen Anfeindung hegten sie wohl keinen Groll gegen diese Stadt, sondern spendeten daraus sogar 25 Thaler zur Reparatur der Lungwitzer Kirche. In heutiger Währung wären dies umgerechnet etwa 10.000,00 €.